Sauschneider
Dieser, einst sehr angesehene, Berufsstand nimmt in der Zederhauser Geschichte einen bedeutenden Platz ein.

Als Standeszeichen trugen die Meister stolz eine weiße Flaumfeder des Steinadlers am Hut. Dieser Adlerflaum ziert sogar das Zederhauser Gemeindewappen, gemeinsam mit einer symbolisierten Prangstange und einem Bildnis von Johannes dem Täufer.
Die Kastration von Haustieren erfolgte aus verschiedenen Gründen. Die Entfernung der Keimdrüsen führte zum Beispiel bei Hengsten und Stieren zu ruhigen und fügsamen Arbeitstieren. Bei Rindern und Schweinen wurde eine merkliche Verbesserung der Fleischqualität erzielt. Durch die Unterbindung des Geschlechtstriebes konnte auch der sonst übliche Geruch des Fleisches vermieden werden.

Beim Borstenvieh, das infolge der Beschneidung ruhig und friedlich wurde, konnte sich wesentlich schneller Fett ansetzen. Ziegen, Hunde und Katzen wurden bei Bedarf ebenfalls beschnitten.

Ihr beachtliches Wissen über das Verhalten der Tiere machte die Sauschneider außerdem zu geachteten Tierpflegern, die nicht selten auch bei Krankheiten mit Rat und Tat zur Seite standen
Für die Ausübung seiner Arbeit zog der Meister mit seinem Knecht zu Frühjahrsbeginn erstmals in die Ferne hinaus. Dieses sogenannte „Fortgehen“ war tatsächlich teilweise mit tagelangen Fußmärschen verbunden.
Die Arbeitsgebiete der Sauschneider reichten von Ober- und Niederösterreich weit bis in das Gebiet des Böhmerwaldes hinein. Auch die Pfalz, Bayern, Franken, Ungarn, Steiermark, Kärnten und Kroatien wurden von ihnen betreut. Im Jahr 1748 kamen laut Aufzeichnungen 260 Meister mit ihren 130 Knechten aus dem Lungau.
1775 wurde von Kaiserin Maria Theresia sogar ein Patent, bezogen auf das Herzogtum Steiermark, erlassen, welches sich mit der „Verbreitung und Belohnung der Viehschneidekunst“ befasste.
Der Bereich, in dem ein Viehschneider sein Gewerbe ausübte, wurde als „Gäu“ bezeichnet. Ein solches Gäu umfasste oft mehr als 20 Pfarrgemeinden und reichte nicht selten über Bezirks- oder auch Landesgrenzen hinaus.
Ein zentraler Ort des Gebietes wurde zur sogenannten Niederlage ausgewählt und dort bezog man Quartier. Sodann präsentierten sich Meister und Knecht auf dem Kirchplatz, um den Bauern ihre Ankunft kundzutun. Oft war es auch ein Gemeindediener, der trommelnd durch die Straßen zog und die Ankündigung übernahm.
Sobald die Aufträge der Bauern eingegangen waren, konnte die Arbeit im Gäu beginnen. Ein tüchtiger Kastrierer behandelte oft mehr als 3000 Tiere im Jahr. Der Wirkungsbereich eines Viehschneiders war ein geschütztes, zumeist vererbtes, Gebiet, in dem strenge Vereinbarungen galten. Einem Berufskollegen „ins Gäu zu gehen“ war beispielsweise streng verboten.
Die hochgeschätzte Arbeit verhalf den Viehschneidern zu guten Verdienstmöglichkeiten.
Im Jahr 1790 hinterließ beispielsweise Josef Mandl, Eßlörgensohn ein Gesamtvermögen von 2.769 Gulden! Eine Kuh wurde damals vergleichsweise mit 18 Gulden gehandelt.
Der Wirkungsbereich eines Viehschneiders war ein geschütztes, zumeist vererbtes, Gebiet, in dem strenge Vereinbarungen galten. Einem Berufskollegen „ins Gäu zu gehen“ war beispielsweise streng verboten.
Ungefähre Kastrationspreise | 1925 | 1965 |
Schwein | 5-10 ÖS | 40-100 ÖS |
Hengst | 25 ÖS | 120 ÖS |
Stier | 6 ÖS | 40 ÖS |
Für ihre Arbeit bekamen die Kastrateure Bargeld, das in ihrer Heimat eine Besonderheit darstellte.

Nicht selten vergaben die wohlhabenden Meister daher nach ihrer Heimkehr Darlehen an die Dorfbewohner. Es war jedoch nicht nur das Geld, das den Weitgereisten Ansehen verschaffte. Sie brachten auch viel Wissen über ferne Gegenden und fremde Menschen mit
Außerdem eigneten sie sich Bildung und Geschmack auf ihren Reisen durch das Land an. Das „Fortgehen“ aus der Heimat brachte jedoch nicht nur Vorteile mit sich.Während sich die Sauschneider im Gäu aufhielten, mussten die Frauen und Kinder sämtliche Arbeiten am heimischen Hof übernehmen.Nur zur Haupterntezeit im Sommer konnten sie mit der Unterstützung der Männer bei der schweren Arbeit rechnen. Nach Beendigung der Feldarbeiten zogen die Viehschneider aber nochmals aus, um ihre Arbeit im Gäu wieder aufzunehmen.
Die Entwicklung der Veterinärmedizin mit dem Einsatz von modernen Geräten und Medikamenten verdrängte schließlich die Arbeit der Viehschneider. Die neuen Betäubungsmethoden entsprachen außerdem dem aufkeimenden Tierschutzgedanken, denn bislang wurden Kastrationen ohne Narkosemittel durchgeführt.
Aufgrund der gebräuchlichen Schnellmastverfahren in der heutigen Viehzucht sind die Beschneidungen auch nur mehr selten erforderlich. Ebenso hat der steigende Bedarf an fettfreiem Fleisch derartige Eingriffe unnötig gemacht. Letztendlich trug aber auch die Technisierung in der Landwirtschaft, die den Einsatz von Nutztieren verdrängte, wesentlich zum Aussterben des Sauschneiderberufes bei.
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